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Gewalt in der Familie – „Wer schlägt, der geht!!“

Gewalt innerhalb der ehelichen Wohnung führt bei den Opfern sowie den gemeinsamen Kindern zu sehr schwerwiegenden Einschnitten...


Gewalt in der Familie – „Wer schlägt, der geht!!“

08.03.2017 / Davor Prtenjača / Sozialrecht, Familienrecht

Gewalt innerhalb der ehelichen Wohnung führt bei den Opfern sowie den gemeinsamen Kindern zu sehr schwerwiegenden Einschnitten, da sich die Gewalt innerhalb einer Sphäre – hier eheliche Wohnung – ereignet, welche einen intimen Ruhe- und Rückzugsbereich der Familie betrifft, der selbst vor staatlichen Eingriffen massiv geschützt ist. Daher sind Opfer solcher häuslichen Gewalt einer besonderen Belastung ausgesetzt, zumal die Gewalt von einem nahen Angehörigen, meistens des eigenen Ehepartners ausgeht. Wenn dann auch noch die Kinder die Gewalt mitbekommen, sind psychische und/oder schulische Probleme keine Ausnahme.

Das Gewaltschutzgesetz bietet Opfern häuslicher Gewalt ausreichend Schutz. In den folgenden Ausführungen befassen wir uns mit den für das Opfer wichtigsten Fragen und zeigen auf, wie der Schutz vor häuslicher Gewalt mit der Hilfe der Gerichte effektiv erreicht und umgesetzt wird.


I. § 1 Gewaltschutzgesetz (GewSchG)

§ 1 Gerichtliche Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen

(1) Hat eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit oder die Freiheit einer anderen Person widerrechtlich verletzt, hat das Gericht auf Antrag der verletzten Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Anordnungen sollen befristet werden; die Frist kann verlängert werden. Das Gericht kann insbesondere anordnen, dass der Täter es unterlässt,

  1. die Wohnung der verletzten Person zu betreten,
  2. sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten,
  3. zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält,
  4. Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen,
  5. Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen, soweit dies nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn
  1. eine Person einer anderen mit einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit widerrechtlich gedroht hat oder
  2. eine Person widerrechtlich und vorsätzlich
  1. in die Wohnung einer anderen Person oder deren befriedetes Besitztum eindringt oder
  2. eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt.

Im Falle des Satzes 1 Nr. 2 Buchstabe b liegt eine unzumutbare Belästigung nicht vor, wenn die Handlung der Wahrnehmung berechtigter Interessen dient.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 oder des Absatzes 2 kann das Gericht die Maßnahmen nach Absatz 1 auch dann anordnen, wenn eine Person die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen hat, in den sie sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel vorübergehend versetzt hat.

Sinn und Zweck des Gesetzes

Das Gewaltschutzgesetz dient dem Schutz bei Verletzungen von Körper, Gesundheit oder Freiheit einer Person bzw. bei Drohungen mit solchen Verletzungen. Ferner wurde für die Fälle, in denen das Opfer mit dem Täter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führt, die Möglichkeit geschaffen, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen – zumindest zeitweilig – die Überlassung der gemeinsam genutzten Wohnung an das Opfer zu beantragen.

Anwendungsbereich des Gesetzes – „Für wen gilt das Gesetz?“

Das Gewaltschutzgesetz gilt für jedermann. Ein häufiges Problem stellt sich bei ausländischen Ehen. Dabei ist zu beachten, dass nach Art. 17a EGBGB die Nutzungsbefugnis für die Ehewohnung und den Hausrat im Inland sowie damit zusammenhängende Betretungs-, Näherungs- und Kontaktverbote dem deutschen Recht unterliegen und damit für ein ausländisches Opfer effektiver Rechtsschutz nach dem Gewaltschutzgesetz besteht. Im Zusammenhang mit ausländischen Ehen und häuslicher Gewalt tritt jedoch ein anderes Problem auf; oft stehen Fragen des Aufenthaltsrechts in Deutschland im Raum. Nach den gesetzlichen Vorschriften erwirbt ein ausländischer Ehegatte ein eigenständiges Aufenthaltsrecht, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft mit einem Aufenthaltsberechtigten seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet bestanden hat. Ausnahmsweise kann diese Frist jedoch zur Vermeidung einer besonderen Härte unterschritten werden, vor allem dann, wenn das Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft – z.B. wegen wiederholter Gewalt in der Ehe – unzumutbar ist, § 31 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Zuständigkeit – „An wen wende ich mich?“

Nachdem sich häusliche Gewalt ereignet hat, sind die Opfer in einem Schockzustand, der rational gelenkte Handlungen zunächst sehr schwierig erscheinen lässt. Das Opfer muss die Gewalt erst verarbeiten und gleichzeitig hat es die „Aufgabe“ die Beweise zu sichern sowie die weiteren Schritte anzugehen, damit die Gewalt sich nicht mehr wiederholt.

Dabei stellt sich für den effektiven Schutz des Opfers zunächst die zwingende Frage, an wen ich mich bei häuslicher Gewalt wende, um in Zukunft einen Schutz davor zu haben. Alle Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz sind zwingend Familiensachen, für welche ausschließlich das Amtsgericht – dort das Familiengericht – sachlich nach den §§ 23a Absatz 1Nr.1, 23b GVG, §§ 111 Nr.6, 210 FamFG zuständig ist. Anrufe bei der Polizei sind wichtig für eventuelle Beweissicherungen oder Platzverweise, jedoch ist die Polizei nicht in der Lage, dem Opfer den gewünschten Schutz auch in Zukunft zu sichern. Auch Anrufe bei Frauenhäusern oder Jugendämtern sind im Hinblick auf den gewünschten Schutz zwecklos, da diese dafür nicht zuständig sind.

Ergo: Nur das Amtsgericht – Familiengericht – kann dem Opfer Schutz bei häuslicher Gewalt nach dem Gewaltschutzgesetz bieten.


Damit der Schutz des Opfers effektiv uns schnell umgesetzt wird, hat der Gesetzgeber dem Opfer ein Wahlrecht in Bezug auf die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts in § 211 FamFG eingeräumt. Danach kann das Opfer wählen zwischen § 211 Nr. 1 FamFG – Gericht, in welchem die Tat begangen wurde -, § 211 Nr.2 FamFG – Gericht, in dessen Bezirk sich die gemeinsame Wohnung des Antragstellers und des Antragsgegners befindet – sowie § 211 Nr.3 FamFG – Gericht, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

In den meisten Fällen fällt der Tatort mit dem Wohnort des Opfers zusammen. Das Gesetz setzt voraus, dass es sich um die gemeinsame Wohnung von Opfer und Täter handelt. Dies liegt vor bei einer Lebensgemeinschaft, die auf Dauer angelegt ist, keine weiteren Bindungen gleicher Art zulässt und sich zudem durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Füreinandereinstehen begründen und die über eine reine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen. Darunter fallen neben den Eheleuten auch Lebensgemeinschaften von Eltern mit ihren erwachsenen Kindern sowie ein Zusammenleben alter Menschen als Alternative zum Alten- und Pflegeheim.


Verfahren – „Wie wende ich mich an das zuständige Gericht?“

Das Opfer muss sich mit einem Antrag an das zuständige Amtsgericht – Familiengericht – wenden. Dabei genügt nicht ein Anruf bei der Rechtspflegerin, die dann einen Aktenvermerk anfertigt. Vielmehr muss das Opfer zur Geschäftsstelle gehen und dort den Antrag ausfüllen oder einreichen. Damit ist festzuhalten, dass für Anträge zum Schutz vor häuslicher Gewalt kein Anwalt benötigt wird. Dennoch kann es hilfreich sein, die Beratung eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen, da eventuell Verfahrenskostenhilfe beantragt werden kann und ein Rechtsanwalt dem Opfer hier behilflich sein wird.

Ergo: Nur ein Antrag beim zuständigen Gericht kann dazu führen, dass dem Opfer entsprechender Schutz nach den Gewaltschutzgesetz zugesprochen wird.


Der Antrag ist zu begründen. Besonders hier kann ein Rechtsanwalt von entscheidender Bedeutung sein, da er die Erfolgsaussichten des Antrags klarer bewerten kann. Jedoch ist der Rechtsanwalt auf die enge Zusammenarbeit mit dem Opfer angewiesen, welches zur prozessualen Sicherung seines Antrags nach der Gewaltanwendung folgende „Aufgaben“ zu erledigen hat:


  • Sammeln von Fotos der Verletzungen, Einholung von ärztlichen Attesten sowie von eventuell vorhandenen Polizeiberichten
  • Anfertigung einer detaillierten, zusammenhängenden, mit möglichst genauen Orts- und Zeitangaben versehene Schilderung des Sachverhalts
  • Überlegungen, ob Verwandte, Nachbarn etc. Teile des Sachverhalts bezeugen können
  • Mitteilung an das Gericht von Orten, an denen das Opfer sich außerhalb der Wohnung häufiger aufhält (z.B. Arbeitsplatz, Kindergarten, Schule, Vereine, Einkauf, Freizeit etc.)
  • Bei bereits vorhandenen Platzverweisen durch die Polizei sollte das Opfer diese dem Antrag beifügen bzw. das Datum sowie das Aktenzeichen nennen, damit das Gericht dann selbst die Akten anfordern kann
  • Anzeigen an die Polizei sowie wie eventuelle staatsanwaltschaftliche Verfügungen sollten, sofern vorhanden, ebenfalls angefügt werden
Ergo: Eine saubere und vollständige Dokumentation hilft den Erfolgsaussichten des Antrags massiv



Aufgrund der besonderen Gefahren für das Opfer hat der Gesetzgeber auch die Möglichkeit eingeräumt, beim zuständigen Amtsgericht – Familiengericht – eine einstweilige Anordnung zu beantragen. Dieses Eilverfahren hat den Vorteil, dass für das Opfer eine schnelle Entscheidung ergehen kann, wobei zwingend vorausgesetzt wird, dass bis zu einer Entscheidung im normalen Verfahrensgang nicht zugewartet werden kann. Diese besondere Eilbedürftigkeit muss das Opfer gegenüber dem Gericht in seiner Anspruchsbegründung glaubhaft machen. Besonders hilfreich für die Glaubhaftmachung der Eilbedürftigkeit ist die Schilderung des Sachverhalts in Form einer eidesstattlichen Versicherung. Insbesondere ärztliche Atteste sowie eventuell vorhandene Fotos und Polizeiberichte können an dieser Stelle die Darstellung des Opfers weiter stützen, so dass das Gericht dann entsprechend dem Antrag des Opfers entscheiden wird.

Sollte das Opfer also in der eben vorgeschriebenen Weise vorgehen, bestehen gute Erfolgsaussichten für den Antrag. Das Gericht wird bei einem Antrag auf einstweilige Anordnung in der Regel ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Gegen eine solche Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung kann der Antragsgegner – Täter – Widerspruch einlegen. Das Gericht muss dann in einer mündlichen Verhandlung erneut eine Entscheidung treffen, wobei der Täter in dieser mündlichen Verhandlung gehört wird. Ein zwingendes Aufeinandertreffen von Täter und Opfer in der mündlichen Verhandlung ist nicht vorgesehen, zumal das Opfer, falls dies zum Schutze des Opfers notwendig ist, beantragen kann, dass beide Beteiligte getrennt voneinander angehört werden.


Voraussetzungen des Schutzes – „Was muss passiert sein, damit ich Schutz nach dem Gewaltschutzgesetz bekommen kann?“

  1. Nach § 1 Absatz 1 GewSchG ist zunächst erforderlich, dass der Täter vorsätzlich den Körper, die Gesundheit oder die Freiheit des Opfers widerrechtlich verletzt hat.

    Die im Gewaltschutzgesetz aufgezählten Rechtsgüter sind abschließend, so dass bei Verletzung des Eigentums das Gewaltschutzgesetz nicht gilt. Im Rahmen der geschützten Rechtsgüter sind einige immer wieder vorkommende Umstände zu beachten:

    In der alltäglichen Anwaltsberatung treten immer wieder Opfer häuslicher Gewalt auf, die über „psychische Gewalt“ berichten. Dabei liegt eine Körperverletzung auch bei psychischer Gewalt vor, sofern diese sich auf das Opfer auswirkt, wie etwa durch Schlafstörungen. Auch eine Gesundheitsverletzung kann bei „psychischer Gewalt“ vorliegen, sofern diese psychische Gewalt eine solche Intensität erreicht hat, dass sie zu medizinisch feststellbaren psychischen Gesundheitsschäden führt. Immer häufiger treten in der Praxis auch Fälle von Freiheitsentzug auf, wobei das Rechtsgut Freiheit bereits mit dem kurzzeitigen Einsperren einer Person verletzt wird, nicht dagegen mit dem Aussperren aus der Ehewohnung.
  2. Nach § 1 Absatz 2 GewSchG besteht ein weiterer Schutz des Opfers mit der Folge von gerichtlichen Schutzanordnungen, sofern der Täter widerrechtlich mit der Verletzung der in Absatz 1 genannten Rechtsgüter droht (Nr.1), das Hausrecht des Opfers verletzt (Nr.2a) oder durch wiederholtes Nachstellen oder durch Verfolgung mit Fernkommunikationsmitteln das Opfer unzumutbar belästigt (Nr.2b).
    Dabei ist zu beachten, dass nicht in jeder verbalen Auseinandersetzung eine Drohung im Sinne des Gewaltschutzgesetzes gesehen werden kann. Eine solche liegt nur bei ernstlichen Drohungen vor, nicht also bei Beschimpfungen oder Verwünschungen. Oft empfindet ein Opfer ein bestimmtes Verhalten seitens des Täters aus verschiedensten Gründen als Drohung. Das Gericht stellt jedoch bei seiner Entscheidung nicht auf das sittliche Empfinden oder die Gefühle des Opfers ab, sondern beurteilt die Frage des Vorliegens einer ernsthaften Drohung aus der Sicht eines objektiven Durchschnittsmenschen unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Geschehensablaufs.

    Hinzu kommt, dass das Opfer vor Gericht für das Vorliegen der Verletzungshandlungen die volle Darlegungs- und Beweislast hat. Es reicht daher nicht, wie so oft in der Praxis aus, einfach zu behaupten, die Zustände in der Wohnung seien unerträglich, da alltägliche Drohungen ausgesprochen werden. Ein solcher Vortrag des Opfers wird als unsubstantiiert zurückgewiesen werden.

Rechtsfolgen – „Welche Maßnahmen wird das Gericht zum Schutze des Opfers anordnen?“

Nachdem das Opfer seinen Antrag anhand des Gesetzes – mit Hilfe eines Rechtsanwalts in den häufigsten Fällen – begründet und auch die entsprechenden Beweise vor Gericht vorgelegt hat, kann es mit einer Fülle von Schutzanordnungen rechnen, welche im Gesetz nicht abschließend aufgezählt sind. Das Gericht wird also gegenüber dem Täter alle Maßnahmen anordnen, die zur Abwendung weiterer Gewalttaten erforderlich sind. An dieser Stelle seien beispielhaft die folgenden Maßnahmen genannt, die jedoch nicht abschließend sind – denkbar sind alle Maßnahmen, die zur Abwendung weiterer Gewalt erforderlich sind:

  • Der Täter darf die Wohnung des Opfers nicht betreten
  • Der Täter darf sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung des Opfers nicht aufhalten
  • Der Täter darf andere Orte nicht aufsuchen, an denen sich das Opfer regelmäßig aufhält
  • Der Täter darf keine Verbindung zum Opfer aufnehmen (SMS, WhatsAapp etc) - Der Täter darf ein Zusammentreffen mit dem Opfer nicht herbeiführen


II. § 2 Gewaltschutzgesetz

§ 2 Überlassung einer gemeinsam genutzten Wohnung

(1) Hat die verletzte Person zum Zeitpunkt einer Tat nach § 1 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, mit dem Täter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt geführt, so kann sie von diesem verlangen, ihr die gemeinsam genutzte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen.
(2) Die Dauer der Überlassung der Wohnung ist zu befristen, wenn der verletzten Person mit dem Täter das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück, auf dem sich die Wohnung befindet, zusteht oder die verletzte Person mit dem Täter die Wohnung gemietet hat. Steht dem Täter allein oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zu, auf dem sich die Wohnung befindet, oder hat er die Wohnung allein oder gemeinsam mit einem Dritten gemietet, so hat das Gericht die Wohnungsüberlassung an die verletzte Person auf die Dauer von höchstens sechs Monaten zu befristen. Konnte die verletzte Person innerhalb der vom Gericht nach Satz 2 bestimmten Frist anderen angemessenen Wohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschaffen, so kann das Gericht die Frist um höchstens weitere sechs Monate verlängern, es sei denn, überwiegende Belange des Täters oder des Dritten stehen entgegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht und das dingliche Wohnrecht.
(3) Der Anspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen,
  1. wenn weitere Verletzungen nicht zu besorgen sind, es sei denn, dass der verletzten Person das weitere Zusammenleben mit dem Täter wegen der Schwere der Tat nicht zuzumuten ist oder
  2. wenn die verletzte Person nicht innerhalb von drei Monaten nach der Tat die Überlassung der Wohnung schriftlich vom Täter verlangt oder
  3. soweit der Überlassung der Wohnung an die verletzte Person besonders schwerwiegende Belange des Täters entgegenstehen.
(4) Ist der verletzten Person die Wohnung zur Benutzung überlassen worden, so hat der Täter alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Ausübung dieses Nutzungsrechts zu erschweren oder zu vereiteln.
(5) Der Täter kann von der verletzten Person eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.
(6) Hat die bedrohte Person zum Zeitpunkt einer Drohung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt mit dem Täter geführt, kann sie die Überlassung der gemeinsam genutzten Wohnung verlangen, wenn dies erforderlich ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine unbillige Härte kann auch dann gegeben sein, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist. Im Übrigen gelten die Absätze 2 bis 5 entsprechend.

Besonders oft in der Praxis treten die Fälle auf, in welchen Täter und Opfer einen gemeinsamen Haushalt führen – etwa Eheleute. In solchen Fällen häuslicher Gewalt stellt sich für das Opfer stets die Frage, an wen die gemeinsam bewohnte Ehewohnung überlassen wird.

Das Opfer hat grundsätzlich die Möglichkeit, eine Anordnung zu erwirken, wonach ihm die Wohnung zur alleinigen Nutzung überlassen wird, wobei dies zwingend zeitlich befristet sein wird. Dabei spielt es zunächst kein Rolle, wer Mieter oder Eigentümer der Wohnung ist.


Unterschiedliche Anforderungen an die Begründung der Wohnungsüberlassung

Insoweit ist zu beachten, dass in Fällen, in denen es bereits zu einer vorsätzlichen Verletzung des Körpers, der Gesundheit der der Freiheit des Opfers gekommen ist, diese Umstände, sofern das Opfer diese darlegt , ausreichend sind, um dem Opfer der häuslichen Gewalt die Wohnung zuzuweisen. Die Einwendungen des Täters können in einem solchen Fall lediglich ausnahmsweise der Wohnungsüberlassung entgegenstehen, § 2 Absatz 1 und Absatz 3 Nr.1 und Nr. 3 GewSchG.

In Fällen, in welchen der Täter dem Opfer droht, es zu verletzen, muss das Opfer in der Begründung seines Antrags darlegen, dass die Wohnungsüberlassung erforderlich ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden, § 2 Absatz 6 Satz 1 GewSchG. Das Gesetz hat angeordnet, dass eine unbillige Härte darin liegen kann, dass das Wohl der Kinder von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist, § 2 Absatz 6 Satz 2 GewSchuG.

Ausschlussfrist für Wohnungsüberlassung

§ 2 Absatz 3 Nr.2 GewSchG erfordert vom Opfer, dass dieses die Überlassung der Wohnung innerhalb von drei Monaten nach der Tatschriftlich vom Täter verlangen muss. Schon aus diesem Grund ist es sehr empfehlenswert, rechtlichen Rat einzuholen, da diese Voraussetzung den meisten Opfern nicht bekannt ist und daher durch Verstreichenlassen dieser Frist der Verlust von Rechten droht.

Dauer der Nutzungsregelung

In den meisten Fällen häuslicher Gewalt ist das Opfer nicht alleine nutzungsberechtigt in Bezug auf die Wohnung. Daraus hat das Gesetz dann den Rückschluss gezogen, dass dem Opfer in einer solchen Konstellation die Wohnung nur für eine bestimmte Frist zugewiesen werden kann, § 2 Absatz 2 GewSchG. Die in der Praxis vorkommenden Fälle sind Miteigentümer und gemeinsame Mieter der Wohnung. Die Frist beträgt höchstens sechs Monate und kann nochmals um sechs Monate verlängert werden, wenn das Opfer nicht in der Lage ist, eine Ersatzwohnung zu finden.

Nutzungsentschädigung

Leider ist es so, dass in Fällen, in welchen das Opfer eben nicht alleine nutzungsberechtigt ist, diese eine Nutzungsentschädigung an den Täter zahlen muss, § 2 Absatz 5 GewSchG. Dabei orientiert sich die Höhe dieser Nutzungsentschädigung an den ortsüblichen Miete, entspricht dieser aber nicht zwangsläufig.

Sonderregelung für Ehepartner

In Fällen – die meisten Fälle vor Gericht – in welchen Täter und Opfer miteinander verheiratet sind, hat das Opfer über § 1361b BGB die Möglichkeit die Überlassung der Wohnung für die Zeit des Getrenntlebens bis zur Scheidung zu erreichen. Das Gericht prüft hier, ob die Wohnungszuweisung deswegen notwendig wird, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Sollte Gewalt in der Ehe vorgekommen sein, wird das Gericht diese unbillige Härte auch annehmen.



Als Gesamtergebnis lässt sich festhalten, dass ein Opfer häuslicher Gewalt durchaus rechtliche Schutzmöglichkeiten hat, jedoch auch „Aufgaben“ zu erledigen hat, um die Beweise zu sichern und damit dem Antrag ausreichend Aussicht auf Erfolg zu geben. Der schnelle und direkte Anruf bei einem Rechtsanwalt wird dem Opfer bereits unmittelbar nach der Gewaltanwendung die notwenigen Schritte darlegen und so dazu beitragen können, dass auch der Schutz vor zukünftiger Gewalt greift.

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