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Betäubungsmittel – Die nicht geringe Menge

In diesem Beitrag werden die geringe und die nicht geringe Menge von klassischen und auch modernen Betäubungsmittel behandelt.


Betäubungsmittel – Die nicht geringe Menge

21.09.2015 / Zlatko Prtenjaca / Strafrecht

In diesem Beitrag werden die geringe und die nicht geringe Menge von klassischen und auch modernen Betäubungsmittel behandelt.

Das Betäubungsmittelgesetz unterscheidet drei verschiedene Mengenbegriffe: Die geringe Menge, die nicht geringe Menge und die „normale“ Menge, also die Menge zwischen der geringen und der nicht geringen Menge.


1. Die geringe Menge

Die geringe Menge wird beispielsweise in § 29 Abs. 5 BtMG thematisiert und ermöglicht es den Gerichten von einer Strafe abzusehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt. §31 a BtMG bietet sodann auch schon der Staatsanwaltschaft die Möglichkeit (keine zwingende Rechtfolge!) das Ermittlungsverfahren einzustellen.

Warum gibt es denn überhaupt diese Einstellungsmöglichkeit für die Staatsanwaltschaft? An dieser Stelle möchte ich Körner, Kommentar zum Betäubungsmittelgesetz §31 a Rz 6 zitieren:

„Da 60% aller BtM-Verfahren Eigenkonsumsdelikte, vornehmlich von weichen Drogen, ausmachen, ist die Vorschrift des § 31 a BtMG aber gleichzeitig auch ein Produkt der Erkenntnis, dass die Justiz mit dem Strafrecht als ultima ratio nicht alles schützen kann und mit der Konzentration der Strafverfolgung auf Konsumenten und Abhängige nicht nur kontraproduktiv arbeitet, sondern auch ihre Kräfte vergeudet. Sie muss deshalb entsprechend dem zwingenden verfassungsrechtlichen Übermaßverbot sich auf ihre wesentlichen Aufgaben, nämlich die Strafverfolgung sozialschädlicher Schwerkriminalität konzentrieren, wenn sie nicht am Ballast der Bagatellvergehen ersticken will ...“

Hört sich alles schön an. Aber seit spätestens Laotse wissen wir, dass schöne Worte nicht wahr und wahre Worte nicht schön sind. Also schauen wir uns lieber die Praxis der Staatsanwaltschaft mit dieser Vorschrift an.

Die Strafverfolgungsbehörden, also vornehmlich Polizei und Staatsanwaltschaft, verfolgen und überwachen selbstverständlich Konsumenten und Abhängige von Betäubungsmittel, weil sie sich von diesen Personen durch Ausübung von Druck oder lediglich durch die reine Überwachung, weitere Erkenntnisse erhoffen wie z.B. woher bezieht ein Konsument seine Betäubungsmittel, um sodann den nächsthöheren mit demselben Ziel zu überwachen. Viele Konsumenten arbeiten auch als „Tippgeber“ für die Strafverfolgungsbehörden und werden so von diesen quasi als Belohnung mehr oder weniger in Ruhe gelassen. Jedenfalls hat die Überwachung „ entlang-der-Pyramide-hoch“ ihre natürlichen Grenzen, d.h. im mehrstelligen Kilobereich ist in der Regel Schluss für Strafverfolgungsbehörden und zwar aus unterschiedlichen Gründen:

  • die Möglichkeit für einen 31er (d.h. den Dealer „ans Messer liefern“) ist nur noch unter Gefahr für Leib und Leben möglich (oder schlimmer: für Leib oder Leben der Familie, Stichwort die Frau oder Schwester muss plötzlich in Frankfurt anschaffen gehen);
  • Die Organisation des jeweiligen Verbrechens ist vom Verbrecher-IQ so hoch, dass lediglich durch die Verkettung mehrerer unwahrscheinlicher Umstände die Strafverfolgungsbehörden überhaupt nur den Hauch einer Chance haben, das Verbrechen aufzudecken;
  • Der Verbrecher-IQ ist so hoch, dass trotz intensivster Überwachung Straftaten unbemerkt „vor den Augen und Ohren“ der Strafverfolgungsbehörden stattfinden und dem oder den Ausführenden einen großen Kick versetzen;
  • Das organisierte Verbrechen kontrolliert z. T. die „Kommunikation“ der Strafverfolgungsbehörden;
  • Die Strafverfolgungsbehörden verfolgen z. T. Verbrechen in gewissen Stadtteilen nicht mehr (Stichwort Berliner Problemviertel/Problemstraßen oder Berliner Großclans, z.B. der sog. president of Berlin);

Die Liste ließe sich noch weiter fortsetzen, aber ich möchte das Thema an dieser Stelle nicht vertiefen und zur Vorschrift des § 31 a BtMG zurückkehren.

Wichtig ist zunächst zu beachten, dass die Vorschrift den Gerichten lediglich die Möglichkeit gibt, von der Strafe abzusehen bzw. den Staatsanwaltschaften die Einstellungsmöglichkeit, d.h. man weiß nicht so genau, was passieren wird, wenn jemand mit einer geringen Menge zum Eigenverbrauch von der Polizei erwischt wurde.

Die Art der Betäubungsmittel (z. B. Marihuana oder Heroin) wird bei der Frage, was passieren wird, ebenso eine Rolle spielen, wie das Vorstrafenregister, das Alter, das soziale Umfeld (verheiratet zu sein, Kinder zu haben und einen festen Arbeitsplatz kommt bei jedem Entscheidungsträger besser an wie ledig und arbeitslos).

Schließlich darf man auch nicht vergessen, dass es selbst innerhalb Deutschlands große Unterschiede macht, wo der Mandant mit Betäubungsmitteln erwischt wurde bzw. seinen Wohnsitz hat. In Berlin beispielsweise ist es vom Strafmaß wesentlich günstiger mit Betäubungsmitteln erwischt zu werden, als im Süden der Republik.

In Baden-Württemberg wäre es beispielsweise undenkbar, dass die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Anbaus von Marihuana einstellt, auch wenn es sich nur um eine Pflanze handeln würde. Ich habe zumindest den Fall in meiner mehr als 10-jährigen Tätigkeit als Strafverteidiger nicht erlebt. Wenn aber der Grünen-Politiker Cem Özdemir in einem youtube-Video zu sehen ist, wie er sich den obligatorischen Eimer Wasser über den Kopf schüttet und dabei auf seinem Balkon neben einer Marihuana-Pflanze steht, dann stellt die Berliner Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren schon mal gerne wegen (hypothetisch) geringer Schuld ein. Cem Özdemir nutzte freilich das Ermittlungsverfahren gegen ihn aus, um auf politischer Ebene Punkte für Legalisierungskampagnen der Grünen zu werben, indem er beispielsweise im Januar 2015 lautstark und medienwirksam gegen die Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft beschwerte:

„Dass das simple Platzieren einer Hanfpflanze in einem Internetvideo umfangreiche Ermittlungen nach sich zieht, zeigt, wie widersinnig die deutsche Drogenpolitik ist.“

Eine konkrete Begründung der Staatsanwaltschaft, warum das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde, ist mir nicht bekannt. In den Medien ist allenfalls darüber spekuliert worden, dass es Cem Özdemir darum ging ein Zeichen zu setzen, statt tatsächlich Cannabis anzubauen. Hieran könnten wiederum Zweifel angebracht werden, zumal Cem Özdemir in einem Interview mit der Gala angab, dass er zwar „bekennender Nichtraucher“ sei, führt dann aber aus:

„aber wenn wir allerdings nach der Bundestagswahl mitregieren und den Cannabis-Konsum entkriminalisieren, dann würde ich zur Feier des Tages vielleicht eine Ausnahme machen. Aber nur, wenn Angie-oder Sigmar- mitraucht.“

In einer Welt, in der ein global player wie Philipp Morris plant eine Marihuana-Zigarre (sog. blunt) auf den Markt zu bringen, ist die Legalisierung von Marihuana in weiten Teilen der Welt wahrscheinlich nur noch eine Frage von überschaubarer Zeit.

Bis dahin gilt für alle Otto-Normal-Verbraucher in Deutschland, dass der Anbau von Marihuana – auch wenn man damit nur seinen Eigenverbrauch herstellen wollte – als Straftat, die verfolgt und auch eine Strafe nach ziehen wird.

Wichtig ist es auch zu beachten, dass selbst wenn die Polizei lediglich eine geringe Menge beim (potentiellen) Mandanten findet, ein ganzer Blumenstrauß an Ermittlungsmöglichkeiten für die Strafverfolgungsbehörden besteht, so kann eine Hausdurchsuchung angeordnet werden, die Führerscheinstelle kann bzw. wird benachrichtigt werden, Fingerabdrücke und Lichtbilder können auch gegen den Willen des (potentiellen) Mandanten aufgenommen werden, viele Polizeireviere gehen in der täglichen Praxis gegen den nicht anwaltlich vertretenen Beschuldigten so vor, dass sie ihn noch auf dem Polizeirevier nach der freiwilligen Abgabe einer DNA-Probe „fragen“, etc.

Alles schön, gut und möglicherweise interessant, aber langsam sollte das Kind beim Namen genannt werden. Beim Cannabis erfolgen neben den konkreten Zahlen auch weitere Hinweise allgemeinerer Art. Diese allgemeinen Hinweis gelten dann für die anderen Betäubungsmittel entsprechend. Die Darstellung der anderen Betäubungsmittel erfolgt ausschließlich unter Hinweis auf die konkreten Zahlen.

  • Cannabis

    3 Konsumeinheiten fallen noch unter den Begriff der geringen Menge. Unter einer Konsumeinheit ist eine BtM-Ration zu verstehen, die für die Erzielung eines Rauschzustandes ausreicht. Nach Bundesgerichtshof (BGH SSt 33, 8ff) ist für die Erzielung eines Rauschzustandes durch Rauchen einer Cannabiszubereitung mit dem Durchschnitt 0,015 g THC (also 15 mg THC) notwendig. Somit liegt die Grenze der geringen Menge bei 0,045 g THC-Wirkstoff.

    Die Rechtsprechung stellt also auf den THC-Gehalt ab und nicht auf die Gesamtmenge Marihuana, d.h. selbst wenn ein Kiffer eine Feinwaage hätte, die in der Lage ist im Milligramm-Bereich zu messen, könnte er in der Regel die Frage, wann die Grenze überschritten ist, nicht beantworten.

    Der BGH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Marihuana ein THC-Wirkstoffgehalt von 5% zu Grunde zu legen ist, wenn man beispielsweise das Marihuana nicht beschlagnahmt hat und es deswegen nicht zur Untersuchung ins Labor schicken konnte. Diese Rechtsprechung wirkt schon fast alttestamentarisch, zumal gutes Marihuana, welches in Holland professionell unter besten Bedingungen gezüchtet wird, einen deutlich höheren THC-Gehalt aufweist. Von meiner Erfahrung als Strafverteidiger weiß ich, dass Hobby-Botaniker bereits beim ersten Versuch mit einer Home-Grown-Anlage unter Beachtung von einigen Tipps Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 10% züchten können.

    Ich möchte hier lediglich ein Zahlenbeispiel geben. Nehmen wir an Kurt Stoffi hat bei seinem Dealer Lomax 100 Gramm Marihuana auf Kommissionsbasis erworben. Das Marihuana ist von ordentlicher Qualität, aber nicht Champions Leguae, also 10 % THC-Gehalt. Mit der Durchführung eines Dreisatzes kommt und unter Berücksichtigung, dass 0,045 Gramm THC die Grenze der geringen Menge darstellt, kommt man zu dem Ergebnis, dass 0,45 Gramm des Marihuanas (also knapp ein halbes Gramm) 3 Konsumeinheiten und somit gerade noch die geringe Menge darstellt. Das Ergebnis mag überraschen, weil wohl niemand aus einem halben Gramm drei Joints bauen kann bzw. bauen wird.

    Schließlich möchte ich noch kurz ein spezielle Verwaltungsvorschrift (hier: Bundesland NRW) eingehen, die in den meisten Bundesländern in ähnlicher Form bestehen. Die Verwaltungsvorschrift ist wie die meisten dieser Art mit äußerst hässlichem Namen zur Welt gekommen. In voller Länge heißt sie: Vorläufige Richtlinien zur Anwendung des § 31 a Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes Gem. RdErl. des Justizministeriums – 4630 – III A. 7 „IMA“ – und des Innenministeriums – IV D I – 6507.1 vom 13. Mai 1994 – JMBI. NW S.133 –

    Die Verwaltungsvorschrift dient dem Ziel einer möglichst einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der Vorschrift des § 31 a Abs. 1 BtMG. Nach den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift erscheint eine Einstellung gemäß § 31 a Abs. 1 BtMG in der Regel dann in NRW nicht mehr vertretbar, wenn die aufgefundene Menge Haschisch oder Marihuana (ohne Haschischöl) von mehr als 10 Gramm betrifft (in anderen Bundesländern werden die Mengen zum Teil über- und zum Teil unterboten).

    Man sollte sich jedoch nicht allzu große Hoffnungen machen, dass die Strafverfolgungsbehörden sich tatsächlich an diese Verwaltungsvorschrift gebunden fühlen. Ich weiß nicht warum, dass so ist, aber jeder Entscheidungsträger möchte ein ihm eingeräumtes Ermessen einzelfallabhängig ausüben, anstatt sich gebunden fühlen. Zudem schränkt die Verwaltungsvorschrift sich selbst wieder derart ein, dass die mit ihr gewollte Zweckerreichung fast schon kläglich scheitern muss. So heißt es beispielsweise in der Richtlinie:
    „Da diese Angaben von durchschnittlichen Reinheitsgraden von 6 Gewichtsprozent THC bei Marihuana ... bezogen auf im Handel vertriebene Kleinmengen ausgehen, können sie nur Anhaltspunkte für die Feststellung einer noch als gering anzusehenden Menge darstellen. Liegen daher Anhaltspunkte für eine von den zuvor aufgeführten Reinheitsgehalten abweichende Zusammensetzung vor, kann eine höhere oder niedrigere Menge des vorgefundenen Gemischs die Grenze bilden.“
    Wie bereits erwähnt ist Marihuana mit 6% THC-Anteil nicht mehr marktüblich (Beim letzten Hobby-Botaniker, den ich vertreten habe, lag der THC-Anteil der Blätter (!) seiner Pflanzen über 6 %, und die raucht bis heute immer noch keiner). Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Einstellung, Strafbefehl oder Anklage sind mit Hilfe der Verwaltungsvorschrift nicht leichter zu prognostizieren.

    Die nicht geringe Menge ist bei einem Wirkstoffanteil von 7,5 g THC-Anteil überschritten.
  • Heroin

    Die goldenen Zeiten des Heroins sind in Mitteleuropa vorbei. Das liegt mit Sicherheit an einer Vielzahl von Substitutionsprogrammen, so dass es für den Abhängigen sehr einfach ist, an einen verschreibungspflichtigen Ersatzstoff zu kommen, der zwar mit dem Kick von Heroin in keinster Weise vergleichbar ist, aber eben dazu führt, dass „kein Affe geschoben wird“. Für jemanden, der über gute Verbindungen in den Irak oder Afghanistan verfügt, ist aber der Handel mit Heroin sehr lukrativ. Die Gewinnspannen sind sehr hoch. Heroin wird oftmals auf der Balkanroute nur noch zwischengelagert und weitergegeben während beispielsweise noch zu früheren Zeiten das Heroin z. B. in Skopje in jedem Fall aufgestreckt wurde. Der Heroinhändler, der in Deutschland Heroin in größeren Mengen einkauft – damit meine ich mindestens ein Kilo pro Kauf – erhält in der Regel gute Ware und bekommt das Material von seinem Verkäufer mehr oder weniger hinterher geworfen. Die Gewinnmargen sind wegen der guten Qualität hoch, da jetzt in Deutschland entlang den Verkaufsketten die hochgradige Streckung erfolgt. Das Risiko beginnt so wirklich erst für den Verkäufer in der Kette, der selbst kein Junkie ist, aber an einen Junkie verkauft, weil letzterer im Falle des Ertappens durch die Polizei wegen „seines Affens“ „einfach zu handle“ ist. Alle Verkäufer in der Kette, die ihrerseits an jemanden verkaufen, der selbst kein Heroin konsumiert, agieren mehr oder weniger mit kalkulierbaren Risiken. Heroin gilt als harte Droge und wird bei Gericht auch im Hinblick auf das Strafmaß zu Recht hart bestraft.

    Geringe Menge: 3 Konsumeinheiten
    Durchschnittliche Konsumeinheit: 50 mg
    Die nicht geringe Menge: 30 Konsumeinheiten, d.h. 1,5 g Heroinhydrochlorid
  • Kokain

    Geringe Menge: 3 Konsumeinheiten
    Durchschnittliche Konsumeinheit: 100mg
    Nicht geringe Menge: 50 Konsumeinheiten, d.h. 5 g Kokainhydrochlorid
  • LSD

    Geringe Menge: 3 Konsumeinheiten
    Durchschnittliche Konsumeinheit: 50 Mikrogramm
    Nicht geringe Menge: 120 Konsumeinheiten, d.h. 6 Milligramm (!) Lysergsäurediäthylamid
  • MDA bzw. MDMA

    Geringe Menge: 3 Konsumeinheiten bei MDA und 1 (!) Konsumeinheit bei MDMA
    Durchschnittliche Konsumeinheit: 120 mg
    Nicht geringe Menge: 250 Konsumeinheiten, d.h. 30 g Base

    Es kommt wie immer auf den Wirkstoff an und nicht auf die Anzahl der Pillen.
  • Amphetamin

    Geringe Menge: 3 Konsumeinheiten
    Durchschnittliche Konsumeinheit: 50mg
    Nicht geringe Menge: 200 Konsumeinheiten, d.h. 10 g Amphetaminbase
  • Meph-Amphetamin (Crystal-Speed-Yaba)

    Geringe Menge: 3 Konsumeinheiten
    Durchschnittliche Konsumeinheit: 25 mg
    Nicht geringe Menge: 30 g Base (!); nach einhelliger Auffassung der Toxikologen und Justizpraktiker ist Meph-Amphetamin erheblich gefährlicher als Amphetamin und beim Amphetamin ist die nicht geringe Menge bereits bei 10 g Base erreicht!
  • Psilocybin und Psilocin (in Pilzen enthaltener Wirkstoff)

    Geringe Menge: 3 Konsumeinheiten
    Durchschnittliche Konsumeinheit: 10mg
    Nicht geringe Menge: 1,2 g Psilocin (entspricht 120 Konsumeinheiten) oder 1,7 g Psilocybin. Da im Körper 7,8 mg Psilocin sich zu 10,00 mg Psilocybin umbauen, entsprechen 1671 mg also 1,7 g Psilocybin einer nicht geringen Menge
  • Khat, Cathinon

    Die geringe Menge von Khat-Blättern liegt wegen der verhältnismäßig schwachen Rauschwirkung und wegen der schnellen Verderblichkeit bei 3 KG (!) Blattmaterial oder bei 3 g Cathinon. Die nicht geringe Menge ist bei 30 g Base erreicht.
  • Gamma-Hydroxy-Buterat (GHB)

    Eine Konsumeinheit GHB entspricht einer Menge von 1g Natrium-Y-Hydroxy-Buterat oder 0,82g Natrium-Y-Hydroxy-Buttersäure. Die nicht geringe Menge von GHB liegt bei 200 Konsumeinheiten, also bei 200g Natrium-Y-Hydroxy-Buterat (vgl. LG Würzburg, Urteil vom 13.1.2004 – 5 KLs 232 Js 1185/03).
  • Künstliche Cannabionide

    In den Jahren 2008 und 2009 wurde sehr viel Spice verkauft (auch ganz offen und legal in Deutschland), weil es zunächst nicht unter das Betäubungsmittelgesetz gefallen ist. Heutzutage ist Spice ziemlich out. Der Trend geht nunmehr aber zu künstlichen Cannabioniden, die in Reinform im Internet aus Holland oder vorzugsweise Großbritannien bestellt und dann hier vor Ort mit irgendwelchen Tabak- und Gewürzmischungen „vermengt“ werden. Viele künstliche Cannabionide fallen (noch) nicht unter das Betäubungsmittelgesetz, so dass ein Anreiz für Cannabiskonsumenten besteht, sich auf diesem Wege einzudecken und eventuell noch etwas zu verkaufen. Die künstlichen Cannabionide sind jedoch nicht wirklich mit Cannabis zu vergleichen, wenn dann am ehesten noch mit Spiegelmarokk-Platten. Die Konsumenten von künstlichen Cannabioniden erinnern eher an die Konsumenten von synthetischen Drogen. Der Begriff aus der Szene „verstrahlt“ passt meiner Meinung nach wie die Faust aufs Auge. Es gibt auch keinerlei Langzeit-Erfahrungswerte im Umgang mit den künstlichen Cannabioniden. Die Erfahrungen, die die Strafverfolgungsbehörden und Strafverteidiger im Zusammenhang mit künstlichen Cannabioniden haben, lassen den Schluss zu, dass das Gefahrenpotential um ein Vielfaches höher als das von Marihuana ist.

    Dies zeigt sich auch beispielsweise daran, dass die nicht geringe Menge von JW-018 und CP 47, 497-C8-Homologes bereits bei 2 Gramm angenommen wird.

    Der Verkäufer bzw. Konsument von künstlichen Cannabioniden muss auch damit rechnen, dass die Substanzen früh oder später unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Das künstliche Cannabionid MDMB-CHMINACA ist an einem Samstag Ende November 2015 unter das Betäubungsmittelgesetz gefallen. Viele Verkäufer dieses künstlichen Cannabionids sind Ende November in Justizvollzugsanstalten eingefahren, weil Polizei und Staatsanwaltschaften oftmals bereits im Vorfeld Bescheid wussten und dann eben vom Timing her ganz gekonnt eingreifen.


2. Die nicht geringe Menge

Die nicht geringe Menge von Betäubungsmittel spielt rechtlich eine entscheidende Rolle, weil durch das Überschreiten der nicht geringen Menge Strafschärfungen zu Ungunsten des Mandanten eintreten.

§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG eröffnet den Strafverfolgungsbehörden für jeden Verstoß einen Strafrahmen von einem Jahr bis zu 15 Jahren. Dort heißt es:

„Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.“

§ 30 a Abs. 1 BtMG eröffnet einen Strafrahmen von 5 (!) bis zu 15 Jahren, wenn jemand Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat., wobei anzumerken, dass eine Bande bereits ab 3 Personen angenommen werden kann. Absatz 2 derselben Vorschrift stellt dieselben Tathandlungen wie Absatz 1 (außer dem Anbau) auch für den Einzeltäter unter denselben Strafrahmen (!), wenn er dabei eine Schusswaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

Die Sorge des Gesetzgebers „international organisierte Drogensyndikate, die nicht nur mittels Kurieren (z.B. aus Holland oder über die nördliche bzw. südliche Balkanroute) Drogen in die BRD einschleusen, sondern auch Absatzorganisationen aufbauen und Maßnahmen für das Waschen und den Rückfluss der Gelder aus Rauschgiftgeschäften treffen, können Deutschland mit illegalen Drogen überschwemmen und mit illegalen Erlösen das deutsche Wirtschafts- und Finanzsystem unterwandern, veranlasste den Gesetzgeber mit dem OrgKG vom 15.7.1992 einen zusätzlichen verschärften Verbrechenstatbestand in das BtMG aufzunehmen. Mit einer Mindeststrafe von 5 Jahren Freiheitsstrafe sollen Mitglieder straff organisierter und raffinierter Banden, die mit großen BtM-Mengen umgehen, hart getroffen und für lange Zeit aus dem Verkehr gezogen werden (Begründung BT Drs 12/989, 30).

Ich würde gerne mal die Gesichter von den an den Beratungen beteiligten Bundestagsabgeordneten im Gerichtssaal sehen, wenn drei 22 Jahre junge Menschen wegen der Vorschrift vor der großen Strafkammer angeklagt werden, wobei sie nicht als Bande, sondern in einem klassischem Verkäufer – Käufer – Läufer – Verhältnis stehen und von der organisierten Kriminalität und dem Zweck der Vorschrift soweit entfernt sind, dass man sie von der Vorschrift aus noch nicht einmal mit dem besten Fernglas der Welt sehen kann.

Ich möchte nichts gegen die Zielrichtung der Vorschrift anbringen, aber lautstarke Einwände gegen die zum Teil realitätsfernsten, abwegigsten und fast schon rechtswidrigen Anwendungen der Vorschrift im Alltag eines Strafverteidigers, frei nach dem Motto: „klagen wir halt mal das Bandendelikt an ...“

Mit den Vorschriften, die das Tatbestandsmerkmal der nicht geringen Menge enthalten, ist jedenfalls sehr ernst, couragiert und mit Weitblick vorzugehen.


Die Angaben zur nicht geringen Menge finden Sie ebenfalls in der obigen „Tabelle“. Ich hoffe, dass ich mit dem Beitrag einen groben Überblick über das Thema geben konnte. Für Anregungen, Hinweise und eigene Erfahrungen jedweder Art können Sie mich gerne über meine Emailadresse kontaktieren.


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